Apostel Falk: Rechne mit 5.000 Jugendtags-Teilnehmern

(09.08.2012) Hamburg. Am 8. und 9. September 2012 wird der norddeutsche Jugendtag der Neuapostolischen Kirche in der O2 World Hamburg stattfinden. Apostel Ulrich Falk erklärt im Interview die Besonderheit des diesjährigen Jugendtages, spricht über die Erwartungen und zieht eine Zwischenbilanz seiner Arbeit.

Als Leiter des Fachgremiums Jugend ist Apostel Falk (48) mitverantwortlich für den 34. norddeutschen Jugendtag, der in weniger als einem Monat beginnt. Im Gespräch zeigt sich der Apostel, der bereits den Jugendtag 2011 konzeptionell und organisatorisch begleitet hat, zuversichtlich und geht von einer hohen Teilnahme und einem nachhaltigen Erfolg aus.

Apostel Falk, Sie sind mit 29 Jahren der Neuapostolischen Kirche beigetreten und konnten somit als Jugendlicher nur einen Jugendtag besuchen. Nun leiten Sie das Fachgremium Jugend für den Bereich Norddeutschland. Waren Sie überrascht, als Sie letztes Jahr von Bezirksapostel Krause mit der Leitung des Gremiums beauftragt wurden?

Überrascht ist man wohl immer ein bisschen – zumal es zur Kultur innerhalb der Kirche gehört, dass man verantwortliche Positionen nicht anstrebt. Ich kann aber auch sagen, dass ich diese Verantwortung mit Freuden angenommen habe.

Ihre Arbeit ist wie die Angebote für die Jugend sehr vielfältig: Jugendchöre, Jugendgesprächskreise, Jugendgottesdienste, Jugendfreizeiten, Jugendtage. Warum konzentriert sich die Neuapostolische Kirche so stark auf ihre jugendlichen Mitglieder?

Weil die Jugend die Zukunft der Kirche bedeutet. Folglich arbeiten wir daran, sie stärker in das Gesamtpaket Kirche und Glauben einzubinden und unsere Kirche grundsätzlich attraktiver für sie zu gestalten.

Als attraktiv gilt auch der jährlich stattfindende Jugendtag. Warum brauchen neuapostolische Jugendliche den Jugendtag? Was bietet der Jugendtag, was andere Veranstaltungen nicht bieten?

Solche großen Events wie der Jugendtag, zu denen sehr viele Jugendliche aus fernen Bereichen zusammenkommen, sind immer prägend und erreichen eine langfristige Wirkung. Daher denke ich, dass ein Jugendtag als eine Initialveranstaltung wichtig und wertvoll ist. Darüber hinaus machen wir uns Gedanken, wie man so etwas in den Gemeindealltag transportieren kann.

Der Jugendtag 2012 ist der 34. Jugendtag der Neuapostolischen Kirche Norddeutschland. Erstmalig findet er in der O2 World Hamburg statt. Warum?

Wir haben uns im letzten Jahr mit der Idee beschäftigt, dass es doch schön wäre, wenn jeder Jugendtagsteilnehmer einen Gast mitbringen würde. Damit hätten wir logischerweise doppelt so viele Teilnehmer. Ausgehend davon, dass uns das gelingt, haben wir gesagt: Das Congress Center Hamburg, wo die bisherigen Jugendtage stattgefunden haben, reicht von den Platzkapazitäten nicht aus. Und in diesem Zusammenhang haben wir nach einer anderen Örtlichkeit gesucht, einer Örtlichkeit, die größer ist und einen modernen und zukunftsweisenden Charakter hat – und das ist die O2 World Hamburg.

Geht die Rechnung denn auf? Was ist Ihr Tipp: Wie viele Jugendtagsteilnehmer wird es in diesem Jahr geben?

Wir gehen tatsächlich von 5.000 Jugendtagsteilnehmern aus, also davon, dass jeder durchschnittlich einen Gast mitbringt. Es dürfen ja auch zwei, drei oder weitere Gäste mitgebracht werden. Ich bin so weit gegangen und habe den Jugendlichen gesagt: Ladet eure ganze Schule ein! Es soll keine Grenze nach oben geben.

Gab es schon erste Rückmeldungen? Haben sich Jugendliche gemeldet und gesagt, sie hätten ihre Klasse eingeladen?

Es gibt durchaus Rückmeldungen von Jugendlichen, die mehrere Einladungen ausgesprochen haben und noch aussprechen werden. Von ganzen Klassen ist mir bis dato aber nichts bekannt. Allerdings hat das Anmeldeverfahren gerade erst begonnen.

Was können Sie zum Programm verraten? Was erwartet die Jugendlichen?

Das Besondere an dem Programm ist, dass es von den Jugendlichen selbst erarbeitet wurde und gestaltet wird. Das fing mit dem Song Contest für das obligatorische Jugendtagslied an: 14 Lieder – komplett getextet und komponiert – haben Jugendliche aus Norddeutschland und dem United Kingdom entwickelt. Ein anderes Beispiel ist eine Ausstellung, die von den Jugendlichen gestaltet wird: Stände, an denen man sich mit Glaubensthematiken befassen wird oder Interviews geführt werden, Spiel- und Informationsstände und so weiter. Insgesamt sind es 30 Stände – mit diesem Ergebnis, mit dieser Resonanz haben wir nicht gerechnet, freuen uns aber sehr darüber.

Erstmalig wird es am Jugendtagswochenende auch eine offizielle Party für die Jugendlichen geben. Was halten Sie von der Einschätzung: Je besser die Party am Samstagabend, desto weniger Gottesdienstteilnehmer am Sonntagmorgen.

Ich würde dem nicht zustimmen. Erstens ist dies keine Party im klassischen Sinne. Sie endet nämlich um 23 Uhr und Alkohol wird nicht ausgeschenkt. Zweitens stimme ich deswegen nicht zu, weil die Jugendlichen ja des Öfteren samstagabends unterwegs sind und sich sonntagmorgens trotzdem zum Gottesdienst einfinden. Ich denke, das wird am Jugendtag nicht anders sein. Wer am Samstagabend dabei ist, ist gewiss auch Sonntagmorgen dabei.

Ob Party, Feier oder gemütliches Beisammensein: Warum gibt es das überhaupt im Rahmen eines Jugendtages?

Die Idee dafür ist entstanden, nachdem Rückmeldungen von Jugendlichen kamen, Großveranstaltungen wie der Jugendtag seien so straff durchorganisiert, dass man kaum Möglichkeiten habe, sich auszutauschen oder ins lockere Gespräch zu kommen. Also sich kennenzulernen, ohne dass ein hochformeller Rahmen besteht – das ist der Hauptgrund. Ich betone ausdrücklich: Wer am Samstagabend kommt, kommt nicht wegen der Getränke oder dergleichen.

Am Sonntagmorgen feiert Bezirksapostel Rüdiger Krause den Gottesdienst. Dazu sind alle Apostel aus Norddeutschland und zusätzlich Apostel Wolfgang Zenker eingeladen, der für die Neuapostolische Kirche Süddeutschland tätig ist. Letztes Jahr war Apostel Reinhard Hecht aus den USA zu Gast. Warum gibt es sogenannte Gastapostel? Und warum besucht in diesem Jahr Apostel Zenker den norddeutschen Jugendtag?

Das Einladen von Gastaposteln ist eine Tradition, die einfach gerne gepflegt wird. Es ist schön, wenn man einen Apostel aus einem ganz anderen Bereich zu Gast hat und ihn predigen hört – das ist eine Bereicherung für alle. Dass zum Jugendtag 2012 Apostel Zenker eingeladen wurde, hat sich ganz spontan beim letzten Aposteltreffen ergeben.

Zum Motto „Kennst du den Freund?“: Die Jugend hat abgestimmt und diese Frage, die gleichzeitig ein Liedtitel aus dem neuapostolischen Chorliederbuch ist, zu ihrem Motto gemacht. Was glauben Sie: Warum trifft es den Nerv der Jugendlichen? Warum ist das Motto gut?

Das Motto ist gut, weil es die Jugendlichen selbst für ihren Jugendtag ausgewählt haben. Und es trifft den Nerv, weil es eine Kernfrage ist, mit der wir uns im Glauben beschäftigen. Gerade die Jugend muss sich mit dieser Thematik auseinandersetzen: Kenne ich überhaupt den, von dem im Gottesdienst immer die Rede ist? Habe ich ihn schon richtig kennengelernt? Begegne ich ihm immer wieder – auch in meinem Alltag? Ist das jemand, den ich tatsächlich als Freund bezeichne? Ein guter Freund ist jemand, der mir sagen kann, wo es lang geht, der mir reinen Wein einschenken kann, ohne dass ich direkt beleidigt bin. Habe ich wirklich so eine tief-freundschaftliche Beziehung zu Jesus Christus? Das sind Fragen, die sich viele Jugendliche ganz ernsthaft stellen. Das ist hochaktuell.

Was muss beim Jugendtag passieren, was muss erlebt werden, damit Sie nachher sagen können: Es hat sich gelohnt.

Ein Kriterium ist sicherlich die Teilnehmerzahl. Wichtiger ist aber, dass es uns gelingt, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich auch die Jugendtagsteilnehmer wohlfühlen, die nicht neuapostolisch sind. Dass sie feststellen, dass wir eine ganz offene, einladende Gemeinschaft sind. Schön wäre darüber hinaus, wenn das Ganze entsprechende Nachhaltigkeit hätte: Wenn aus dem Jugendtag weitere Dinge resultieren würden, wenn man zum Beispiel länger und intensiver über die Themen des Jugendtags sprechen würde.

Was konnten Sie bisher nach den Jugendtagen beobachten? Wie erleben Sie die Jugend außerhalb von Großveranstaltungen?

Die Stimmung der Jugendlichen ist in den Gemeinden natürlich eine andere als am Jugendtag, weniger euphorisch. Das ist kein Vorwurf. Das ist eine Thematik, mit der wir uns beschäftigen und in Zukunft noch mehr beschäftigen müssen.

Welche Sorgen sehen Sie bei den Jugendlichen in ihrem Alltag?

Es ist immer schwer, so etwas pauschal zu beantworten. Zu beobachten ist, dass immer mehr Jugendliche in unstabilen Familiengerüsten leben. Viele leiden extrem unter der Trennung ihrer Eltern oder in dem Unfrieden innerhalb der Familie. Ferner gibt es hohe Leistungsanforderungen. Das fängt früh in der Schule an und geht über die Ausbildung bis hinein ins Berufsleben, wo die Ansprüche heutzutage enorm hoch sind. In diesem Zusammenhang ist zu spüren, dass es viele Zukunftsängste gibt. Umso wichtiger ist, dass die Jugendlichen in ihrem Glauben und in der Kirche Sicherheit, Geborgenheit, Perspektive und Zukunft haben können.

Beim letzten Jugendtag haben Sie im Predigtbeitrag die Jugendlichen ermuntert, kritische Fragen zu stellen – und zu äußern, was sie bewegt, belastet und beschäftigt. Sind die Jugendlichen Ihrer Aufforderung gefolgt? Suchen die jugendlichen Christen Ihrer Meinung nach zu wenig das Gespräch mit ihren Seelsorgern?

In der Tat glaube ich, dass sich der eine und andere das zu Herzen genommen hat. Denn es hat sehr intensive Gespräche gegeben. Ich selbst habe dieses Jahr im direkten Gespräch mit Jugendlichen viele schöne Erfahrungen gemacht. Andererseits glaube ich: Da ist noch vieles zu bewegen, vieles zu öffnen, damit die Jugend ein noch tieferes Vertrauen zu ihren Seelsorgern bekommt.

Gerade in der Jugendzeit distanzieren sich mehr junge Leute als früher von der Kirche. Das ist ein Ergebnis der Demografieuntersuchungen, die die Neuapostolische Kirche durchführt und beauftragt. Wie kann man dem entgegenwirken?

Indem wir eine Atmosphäre der Offenheit und des Vertrauens schaffen und die Jugend noch mehr partizipieren lassen. Es gibt so viele Möglichkeiten, wo sich Jugendliche stärker einbringen können. Das ist auch ein Ansatz, wodurch eine höhere Identifikation geschaffen werden kann. Weiter müssen wir – auch in den Führungspositionen der Kirche – überprüfen, wie wir miteinander umgehen und kommunizieren. Da gibt es noch Verbesserungspotenzial.

Sie arbeiten seit fünf Jahren im Fachgremium Jugend der Neuapostolischen Kirche Norddeutschland. Wie sieht die Zwischenbilanz Ihrer Arbeit aus?

Da ist zum einen die positive Entwicklung in der Organisation von großen Events. Zum anderen haben wir noch Handlungsbedarf, wie wir die Jugendlichen im Alltag ansprechen und wie die Jugendarbeit interessanter und direkter gestaltet werden kann. Wir sind diesbezüglich zwar auf einem guten Weg und stehen im Dialog mit anderen verantwortlichen Seelsorgern, doch am Ziel sind wir noch nicht. Dennoch: Daran weiterzuarbeiten bereitet mir viel Freude. Es ist einfach toll für die Jugendlichen und mit den Jugendlichen zu arbeiten.

 

Interview und Text: Björn Renz

Fotos: Heino Sartor