UF19/2022: Interview mit Bezirksapostel Nadolny

„Gott ist da“ – so titelte die Kirchenzeitschrift Unsere Familie in ihrer Ausgabe 19/22. In einem Interview portraitierte sie Bezirksapostel i. R. Wolfgang Nadolny. Dieser wurde am 22. Mai 2022 durch Stammapostel Jean-Luc Schneider in den Ruhestand versetzt – auf den Tag genau nach 45 Jahren Kirchendienst. Das Interview in Auszügen:

Seit Januar 2005 waren Sie als Bezirksapostel für die Gebietskirche Berlin-Brandenburg sowie für die seelsorgerische und organisatorische Arbeit der Kirche in Russland, Kasachstan, Kirgisistan, Mongolei, Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan verantwortlich. Später kam Belarus noch hinzu. Wenn Sie auf diese Zeit zurückblicken, welche Entwicklungen würden Sie als Meilensteine betrachten?

(…) Schwer war die notwendig gewordene Schließung von Gemeinden. Die finanzielle Situation in der Gebietskirche Berlin-Brandenburg ist eben nicht so rosig gewesen. Wir waren gezwungen etwas zu tun und haben in einem ersten Schritt ca. 35 Gemeindestandorte aufgegeben. (…) In einigen Gemeinden lief das sehr gut. Die haben sich zusammengefunden und kennengelernt. Und nach ein, zwei Jahren haben sie gesagt, jetzt sind wir so weit, wir wollen zusammen. Bei anderen hat sich das schwieriger gestaltet. Ich war zu etlichen Gemeindeabenden und habe da manches einstecken müssen. Das ist so, wenn man unpopuläre Entscheidungen trifft. Aber insgesamt hat mich das doch etwas gezeichnet. Ich war damals relativ jung, um die 50 und habe gedacht, ich hätte dann bis zu meiner Ruhesetzung Ruhe. Aber die Entwicklung hat mich eines Besseren belehrt. (…)

Sie mussten weite Entfernungen zu den Gemeinden in den betreuten Gebieten zurücklegen. Dazu mussten einige Zeitzonen überquert werden, was einen immensen Kraftaufwand und eine Herausforderung an die Gesundheit darstellt. Wie kamen Sie damit zurecht?

Gott hat mich mit einer guten Konstitution gesegnet. Die Zeitverschiebungen haben mich kaum beeindruckt. Bis vor wenigen Jahren habe ich noch gelächelt, wenn jemand über solche Probleme gesprochen hat. (…)

Was fasziniert Sie am neuapostolischen Glauben?

Wir sollten es uns im Glauben nicht selbst schwer machen, sondern einfach kindlich glauben, uns die Freude bewahren und die innere Gelassenheit aus dem Wissen, da ist ein allmächtiger Gott. Egal, was passiert, wir sind immer in seiner Hand und tiefer können wir nicht fallen.(…)

Was hat Ihnen in Ihrer Amtszeit als Bezirksapostel am meisten Kummer bereitet?

Die Gemeindezusammenlegungen. Und auch eine gewisse Gleichmacherei. Vieles, was mir in meinem Leben sehr heilig war, hat eine Art Entheiligung, eine Gleichmachung mit anderen Dingen erfahren. Das belastet mich. (…)

Was war Ihnen wichtig, in Ihrer aktiven Amtszeit voranzubringen?

Die praktische Verinnerlichung unseres Leitbildes „Dienen und Führen“ - das Tun. Wir sollten nicht so viel darüber reden, sondern es einfach machen. (…)

Sie haben Wert daraufgelegt, ein gutes Verhältnis zur Jugend zu haben, so sind zum Beispiel die mehrtägigen Jugendtage in Berlin-Brandenburg von Ihnen angeregt worden. Was war dafür der Ansporn?

Junge Menschen haben es schwer. (…) Die Eltern machen alles falsch, die Alten machen alles falsch, man hinterfragt Autoritäten – das ist eine schwierige Phase. Und es ist gut, dass junge Menschen alte Strukturen aufbrechen. Ich wollte immer auf Augenhöhe sprechen. (…) Ich hatte [in Jugendstunden, Anm. d. R.] nie ein festes Thema, sondern habe die Jugendlichen gefragt. Und es haben sich schöne Gespräche, manchmal über Stunden ergeben. Ich war da nicht immer nur Bezirksapostel, sondern auch der Mensch Wolfgang Nadolny. Es gab nicht nur kirchliche Themen im Zusammenhang mit dem Evangelium, sondern hier und da auch praktische Lebenshilfe. Wir sollten uns nicht davor scheuen, mit der Jugend mal in Konfrontation zu geraten. Reibung stärkt die Persönlichkeit. Wichtig ist ein konstruktiver Streit. Wir müssen unseren Jugendlichen Vertrauen entgegenbringen, ihnen Aufgaben geben und natürlich auch Verantwortung übertragen. Nur so können sie ihre Kirche gestalten.(…) Wir sollten unseren jungen Geschwistern Orientierung bieten, ohne Bevormundung. Und das nicht nur beim Evangelium, sondern eben auch bei Lebensfragen.

Das vollständige Interview können Sie in der Ausgabe UF19/22 lesen.